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Rock Hard Festival 2012 - Samstag - Amphitheater Gelsenkirchen - 26.05.2012

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Dr. Living Dead!Das originellste Intro des Festivals lassen DR. LIVING DEAD! laufen: IRON MAIDENs UFO-Cover "Doctor, Doctor" (mit Blaze Bayley) gefolgt von einem unbekannten Hardrock-Song, der nahtlos ins Intro von "World War 9" übergeht. Damit tritt die Gruppe um Gitarrist Dr. Toxic (auch Undergång) eine kurzweilige Reise zurück in die Ära des Thrashcore an. Die Schweden mit den Totenmasken und den hochgezogenen weißen Strümpfen kaschieren mit schnörkellosen Songs und gehöriger Energie, dass sie weder über die Finesse der SUICIDAL TENDENCIES verfügen, noch brachialen Überschall kultivieren, wie etwa D.R.I., oder technisch auftrumpfen können wie NASTY SAVAGE, die mehr oder weniger für "Dead End Life", "Streets Of Doc Town" oder "Gremlin's Night" Pate gestanden haben dürften. Allerdings klingt die Chose live wie auf Platte sympathisch, und würden die eine oder andere längere Pause zwischen den Songs das Programm nicht zerfasern und wäre es nicht so früh am Tag, gäbe es vermutlich Arbeit für die souveräne Security. (AS)

Nach jahrelanger und intensiver Forderung ihrer Fans haben es die ehemaligen Shitheadz also endlich auf die Rock-Hard-Bühne geschafft. Und MOTORJESUS wissen diese Gelegenheit fett zu nutzen und können die Vorschusslorbeeren, was ihre Live-Qualitäten betrifft, vollends bestätigen. Eingeleitet durch das "Ignition"-Intro, erweist sich älteres Material der Marke "Dirty Pounding Gasoline" und "Legion Of Rock" ebenso Großbühnen-tauglich wie der mehrzählige Stoff vom letzten Album "Wheels Of Purgatory" wie "Motor Discipline" und das "von Terence Hill und Bud Spencer inspirierte und allen Todeskrallen-Liebhabern gewidmete" "Fist Of The Dragon". MotorjesusEiner Stimmungsgranate folgt die nächste, zumal absolut tight und druckvoll durch den eingespielten Fohlen-Fünfer dargeboten, der versteht, wie man in der Mittagssonne richtig Party macht. Von Nervosität keine Spur, auch wenn Sänger Christoph Birx wiederholt erwähnt, wie sehr ihm der Stift geht und dass sich die Band vor dem Auftritt vor Aufregung mächtig in die Hose geschissen hat. Aber gerade der mit Schirmmütze, Motörhead-Shirt und Alditüte bewaffnete Frontmann erweist sich als absolut geiler Entertainer, der stets den Kontakt zum Publikum hält und sich zudem auch bestens vorbereitet hat. Einem Ratschlag von Tom Angelripper folgend, hat er "eine Tüte Bier zur Bestechung" dabei - wenn auch nur "mit der billigsten Plörre" - die er der dankbar johlenden Menge zum Fraße bzw. zum Saufe vorwirft. Später verteilt er dann sogar noch ein paar Flachmänner Jägermeister "aus Mutterns Kühlschrank, die aber eventuell schon abgelaufen sind" - wer kann da schon nein sagen. Das Publikum nicht, bei dem danach das etwas zurückhaltenere "Fuel The Warmachine" ebenso gut einschlägt, wie die grooveschweren Dicke-Hose-Rocker "King Of The Dead End Road" und "Hammer Of The Lord". Die Fans lassen die Band unentwegt spüren, wie gut sie hier heute ankommt, und die Freude ist absolut gegenseitig, denn kaum einer Band nimmt man die Begeisterung, auf dem RHF spielen zu dürfen, mehr ab. Nach der von Birx verkündeten Vorfreude auf die Abend-Headliner Bolt Thrower beendet "A New War" mit "TNT"-Einlage einen Auftritt, der dann auch nur ein Fazit zulässt: MOTORJESUS haben richtig geil abgeliefert und gehören zu den ganz großen Abräumern dieses Pfingst-Wochenendes. (LS)

PortraitNach dem bockstarken Gig von MOTORJESUS auf die Bühne zu müssen, ist alles andere als eine leichte Aufgabe. Und wenn man dann noch düsteren 80er-Metal à la MERCYFULE FATE als musikalische Marschrichtung vorgegeben hat, macht dies die Sache im beißenden Sonnenschein nicht einfacher. Wenigstens können PORTRAIT aber im Gegensatz zu RAM gestern auf ihren Soundmann zählen. Perfekt geht zwar anders, aber die edlen Gitarrenmelodien sind deutlich zu vernehmen. Gleiches gilt für den extravaganten Gesang von Sänger Per Karlsson, der die letzte Tour mit EVILE und DR. LIVING DEAD! aus nicht näher bekannten Gründen nicht mitfahren konnte, bei den Festivals aber offensichtlich wieder mit von der Partie ist. Gut so, denn sein Ersatzmann soll Ohrenzeugen zufolge gerne mal neben der Spur gesungen haben. Per hingegen hat die Wechsel zwischen normaler Stimme und dem hohen Falsett prima drauf und überzeugt darüberhinaus mit seiner agilen und auffälligen Performance (und bei den Damen wohl mit seinem Aussehen, zumindest sollen sich zwei seiner Anhängerinnen gar wegen ihm geschlagen haben). Und wenn eine Band mit einem Übersong wie "Infinite Descension" aufwarten kann, hat sie eh schon gewonnen. (ASZ)

Man durfte gespannt sein, wie HELL auf dem RHF funktionieren würden. Nicht nur, weil es sich bei den Briten um Produzent und Gitarrist Andy Sneap trotz ihres vielbeachteten Debüts um eine einwandfreie Lieben-oder-Hassen-Band handelt, sondern auch, da die optische Darstellung einen nicht unerheblichen Anteil am höllischen Gesamtpaket hat. Und da könnte bei einem Open Air bei einer Spielzeit am frühen Nachmittag und bei strahlendem Sonnenschein einiges an Reiz und Ausdruckskraft verlorengehen. Nach der Spannung aufbauenden "Overture (Themes From 'Deathsquad')" erweisen sich diese Zweifel aber schnell als unbegründet - zumindest, wenn man sich dazu entschieden hat, den zu Beginn vor der Bühne noch ausreichend vorhandenen Platz zu nutzen und sich in Augenkontakt zur Band zu begeben. Von dort kann die Show auch ohne großartige Lightshow beeindrucken und man das Metal-Theater, das auf der Bühne mit den aufgestellten Kirchenfenstern mit den ketzerischen Abbildungen stattfindet, uneingeschränkt verfolgen. Und das lohnt sich. HellDie ersten Töne der einlaufenden Saitenfraktion in ihrer weißgekalkten Vampiroptik von "Let Battle Commence" lassen bereits einen sehr guten Sound erwarten, bevor Sänger David Bower mit seiner Dornenkrone erscheint und mit eindringlichem Blick durch seine roten Pupillen sämtliche Aufmerksamkeit auf sich zieht. Durch sein Kopfmikro genießt er volle Bewegungsfreiheit, die er für seine gestenreiche Performance nutzt. Die Theatralik, mit der er seinen stechenden, absolut fehlerfreien Gesang unterstreicht, wirkt anfangs völlig überzogen, aber nach kurzer Eingewöhnung passt sie einfach perfekt zur Musik. Seine Bandkollegen machen optisch ebenfalls einiges her: Bassist Tony Speakman guckt wie Frankensteins Monster aus der Wäsche und Gitarrist und Keyboarder Kev Bower ist mit seinen Dreadlocks zur Leichenblässe sowieso eine ungewöhnliche Erscheinung. Aber vor allem setzt der gruselige Fünfer das erstklassige Songmaterial vom "Human Remains"-Album absolut überzeugend um und erweist sich als perfekt eingespielt. "On Earth As It Is In Hell" enthält sowieso eines der geilsten Riffs der letzten Jahre und auch die folgenden Gitarrengewitter sind großes Kino, äh, Theater. Hauptakteur bleibt dabei aber stets der schauspielerfahrene Prediger am Bühnenrand, der zu "Plague And Fyre" noch einen maskierten Mönch mit Glocke gibt oder "Blasphemy And The Master" zur blutverschmierten Selbstgeißelung nutzt. "Save Us From Those Who Would Save Us" mit seinem ebenso ungewöhnlichen wie nachhaltigen Refrain beendet dann die eindringliche Show, von der man viele Anwesende kurz darauf am Shirt-Stand bei der Auswahl eines der verschiedenen HELL-Motive wiedertrifft. (LS)

UnleashedWelch respektablen Weg UNLEASHED im Laufe ihrer unterbrochenen Karriere zurückgelegt haben, offenbart sich vor allem live. Die alten Kamellen aus der Phase bis zur Pause 1998, unter anderem "Victims Of War" und "Death Metal Victory", besitzen natürlich Charme, erinnern aber auch daran, dass die Schweden trotz ihres Status als Pioniere eine Menge instrumental auf Schülerband-Niveau anzusiedelnden Ausschuss abgesondert haben, zumindest bis Fredrik Folkare als Leadgitarrist hinzustieß. Heute profitieren sie von der Musikalität, die er eingebracht hat, und können auf ihre über die Jahre hinweg gewonnene Souveränität zurückgreifen, zumal Fronter Johnny ein Sympathieträger ist und mit "Odalheim" das vermutlich bislang stärkste Album der Band überhaupt vorliegt. Ferner sind die Stockholmer eine der wenigen Gruppen, denen man auf den Fan Zugeschnittenes wie "Wir kapitulieren niemals" nicht als Anbiederung wahrnimmt. Dank auf Hochtouren laufender Nebelmaschinen und einer ausgewogenen Setlist (Highlight: "Fimbulvinter"), die nicht einmal auf die Uhr schauen lässt, reißt der
Auftritt selbst Kostverächter mit. (AS)

Jubiläum feiern 2012 auch TANKARD und zwar ihr 30-jähriges. Damit zählen die Frankfurter zwar zu den dienstältesten Thrashern aus Deutschland, aber noch lange nicht zum alten Eisen. Warum das so ist, wird auch an diesem Nachmittag überdeutlich: wer mit so viel Energie über die Bühne sprintet, wie Fronter Gerre, wer so viel Spaß inne Backen hat, wie Basser Frank Thorwarth, und wer wie Andy Gutjahr mit seinen Fähigkeiten an der Klampfe einen zweiten Gitarristen überflüssig macht, der macht einfach alles richtig. TankardTANKARD haben auch heute ordentlich Hummeln im Arsch und geben Vollgas. Nach dem aktuellen "Time Warp" greift man tief in die Mottenkiste und kramt "Zombie Attack" und "The Morning After" raus - sehr zur Freude der zahlreichen Fans vor der Bühne. Im weiteren Verlauf gibt es eine Reise quer durch die Diskografie der Beer Metaller: "Rules For Fools", "Slipping From Reality", "Stay Thirsty!", "The Beauty And The Beer", "Chemical Invasion", "Rectifier", "Freibier", "Die With A Beer In Your Hand" und zum Abschluss natürlich "(Empty) Tankard". Und da man ja jubiliert, hat man sich ein paar Extras für die Show ausgedacht. Die flexible Tanzmaus ist dabei weniger kreativ, als der Bierkönig (man erinnere sich an das "Kings Of Beer"-Cover), der auf einem Thron aus Bierkisten auf die Bühne geschoben wird. (ASZ)

Psychotic WaltzDie unangefochtenen Festival-Gewinner 2012 sind eindeutig PSYCHOTIC WALTZ. Zumindest für den Teil der Besucher, der mit progressivem Metal etwas anzufangen weiß. Das ist aber im Amphitheater traditionell immer nur eine Minderheit. In der Folge ist das weite Runde während des Auftritts nur mäßig gefüllt. Eine Ursache ist möglicherweise auch der Quasi-Einstieg mit dem ziemlich schrägen "Out Of Mind", der manchem Prog-Verächter endgültig den Garaus macht. Sei es drum, die weitere musikalische Darbietung rechtfertigt den samstäglichen Co-Headliner-Status jedenfalls vollauf. Traumwandlerisch sicher bieten die wiedervereinigten Kalifornier auch die anspruchsvollsten Passagen, vertracktesten Breaks und kompliziertesten Läufe in absoluter Perfektion dar. Dabei ist es gar nicht einmal die spieltechnische Seite allein, die diese Band zu so etwas Besonderem macht, sondern es sind vielmehr die unglaublich atmosphärisch dichten Melodiebögen, die den geneigten Hörer auch ohne bewusstseinserweiternde Substanzen schlicht abheben lassen. Ein absolutes Highlight in dieser Hinsicht ist die Querflöten-versüßte JETHRO TULL-Verbeugung "I Remember", wobei im Auditorium auch die eine oder andere Glücksträne verdrückt wird. Insgesamt liegt das Gewicht ganz eindeutig auf den Songs der ersten beiden Alben. Etwas mehr Ausgewogenheit hätte in Hinblick auf die Unprogger vielleicht nicht geschadet, die noch Anwesenden stört es ganz sicher nicht. Der Sound vor der Bühne ist perfekt, auf den Tribünen soll dagegen ein leichter "Vom-Winde-verweht"-Effekt eintreten. In der Summe also eine großartige Sache, wenn auch der diesjährige Keep-It-True-Auftritt der Band unerreicht bleibt. (LK)

Bolt ThrowerDass BOLT THROWER die wahrscheinlich fanfreundlichste Band mit Headlinerstatus ist, wird auch beim Rock Hard Festival deutlich. Am frühen Samstagnachmittag eröffnet die Band ihren eigenen Merchandisestand, an dem alle Shirts (drei Motive für die Damen, sieben oder acht für die Herren) gerade mal zehn oder zwölf Euro kosten. Kein Wunder, dass die Fans stundenlang geduldig Schlange stehen, um ein Leibchen abzugreifen. Um 21:30 Uhr geht es dann auch mit der Panzerfahrt los. Anders kann man das, was die britische Death-Metal-Maschinerie auf der Bühne fabriziert, auch nicht bezeichnen. Mit der Gewalt eines Leopard 2 bricht der brachiale Sound über das Publikum herein. Leider ist das Ganze aber etwas zu basslastig, während die Gitarren im Gesamtsound etwas untergehen. Das geht für einen Headliner klar besser. Die gute Laune lässt man sich davon aber nicht verderben, gegen die mächtigen Grooves kann man sich eh nicht wehren und lässt den Nacken kreisen. Während sich Sänger Karl Willets bester Laune zeigt, ist Bassistin Jo Bench rein optisch das genaue Gegenteil. Ohne auch nur eine Miene zu verziehen, bangt sie sich durch den Set und sorgt dabei für den nötigen Punch. Die Gitarristen Gavin Ward und Barry Thomson sind ebenfalls sehr agil, so dass eigentlich nie Stillstand auf der Bühne herrscht. Musikalisch sowieso nicht, die Setlist besteht aus 16 Songs, deren Highlights "When Glory Beckons", "Mercenary", "IVth Crusade", "Warmaster", "Killchain", "... For Victory" und natürlich "No Guts, No Glory" heißen. Trotz des nicht ganz perfekten Sounds herrscht heute weitestgehend Einigkeit darüber, dass BOLT THROWER ein starker Headliner sind. (ASZ)

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Andreas Schulz (Info)

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